von Christian Wiesmüller
Die Technikwelt ist eine Welt des wirtschaftenden und des arbeitenden Menschen, auch eine Welt der Freizeit, des Sports und des Ausgleichs. Und wir erfreuen uns all der Dinge, die uns erleichtern, unterstützen, unterhalten; wobei wir auch Umstände in Kauf zu nehmen haben. Da können alle ein Lied davon singen.
Ist die neue Technikwelt nun auch eine Welt des Lernens? Selbstverständlich. Kein Kulturbereich ist von den schönen Optionen unberührt. Warum auch nicht? Ein medial gestützter Unterricht kann immer erhellender, effektiver und eindrücklicher sein, wenn diese Medien einen Sachverhalt veranschaulichen. Trügt aber der Schein, dass sie allzu oft Selbstzweck in einem Unterricht sind? Trügt der Schein, dass sie nicht selten eingesetzt werden, um Anstrengung auf beiden Seiten, bei Schülern und Lehrern, zu vermeiden? Trügt der Schein, dass man einem gesellschaftlichen Druck meint nachgeben zu müssen, weil die pädagogische Argumentation sowieso hinter der Zeit herhinkt und man nicht altmodisch wirken möchte? Die vielen neuen Möglichkeiten, die nun in die Schule kommen und die noch kommen werden, dürfen sie ungeprüft Eingang in den Unterricht finden? Was im realen Leben kaum zu verhindern ist, oder nur schwerlich, die Schule kann filtern, kann abwehren. Sie kann nur das Sinnvolle erlauben. Dies aus einer Verantwortung heraus, die zur Schule und zum Berufsverständnis des Lehrers gehört. Noch hat der Staat diese Fürsorge, besorgt durch seine Lehrerschaft, gut ausgebildete Lehrerinnen und Lehrer, in Händen.
Die hier geäußerten, bewusst einseitig in den Raum gestellten Bedenken gelten allgemein für die Schule. Wie hat das Fach Technik sich zu verhalten? Wie in den anderen Fächern wird sie sich der schönen nützlichen Dinge mit Bedacht bedienen: eine elektronisch gesteuerte Ständerbohrmaschine mit bestem Sicherheitskonzept, statt der riemengetriebenen – obwohl die als maschinentechnisches Medium anschaulicher ist, der vernetzte PC im Technikraum statt einem Arbeitsprojektor und statt Wandbildern, vielleicht der 3-D-Drucker, der eine bestimmte Art des Produzierens vor Augen führt, die Anwendungen von Apps, um Vernetzung und Steuerung des Smart-Home zu realisieren, Mixed Reality, um sich in Welten hineinzuversetzen usw.
Technische Bildung allerdings hat einen darüber hinausgehenden, spezifischen Auftrag; dabei ist es dennoch ein allgemeinbildender, der das Fach mehr und mehr zum integralen Bestandteil des Kanons bestimmt: Es ist die Aufklärung über die Umgestaltung der Welt bis ins Kleinste und ins Größte durch den Menschen, die Technik, die als Medium alles durchdringt, auch die Gattung selbst. Es mögen sich andere Fächer aus ihrem Blickwinkel mit den Auswirkungen dieser Dominanz beschäftigen. Nur ein gehaltvoller Technikunterricht kann das auf Basis technischer Wissensbestände leisten, die wiederum auf exemplarischem technischen Können fußen. Dies, weil das körperliche Erleben, die unmittelbare Erfahrung und die tatsächliche Begegnung uns Menschen so berührt, dass das Wesentliche erfasst werden kann. Und ganz zweifellos: Dies bedarf im Technikunterricht des Werkzeugs, bedarf der räumlichen Ausstattung. Technikunterricht ist Unterricht mit Medien. Diese Nachlese ist kein Plädoyer gegen sie, sie ist ein Plädoyer für den richtigen Gebrauch.
Die Tagung der DGTB hatte zum Ziel, Zusammenhänge, soweit dies in zwei Halbtagen möglich ist, ein Stück weit zu klären: mit einem Eröffnungsvortrag des bekannten Publizisten Josef Kraus, der eine generelle Kritik zur Schule vorgetragen hat, dabei die Technik zum Bestandteil eines kanonischen Vorratswissens zählte; mit Vorträgen, die zeigen konnten, dass Technische Bildung eine erzieherische Komponente hat und dass nicht alles Neue gleich Eingang in den Technikunterricht finden muss, nur weil es neu ist. Es gibt Kriterien, die zur Anwendung kommen müssen. Und die Tagung beinhaltete zahlreiche Vorträge und Ausstellungen, die sehr konkret neuere Technik in ihrer unterrichtlichen Thematisierung zur Diskussion stellten. Dafür konnte die Tagung sorgen: Eine Erhöhung der Sensibilität für das Thema und eine ausschnitthafte Schau von Möglichkeiten, die sich im Unterrichtsalltag zu bewähren haben.
Politik weiß das Thema neue Lernwelt für ihre Eigendarstellung zu nutzen und die Wirtschaft eröffnet einen riesigen Markt. Digitalisierung ist die Losung. Darf sie das auch für die Pädagogik sein? Hat mit der Industrie 4.0 eine Schule 4.0 einherzugehen. Und überspitzt gesagt, hat sie gleichsam Schüler und Lehrer 4.0 herzustellen, damit Schritt gehalten werden kann? Wie muss man, wie will man sich die Schule eingebettet in die schöne neue Lernwelt vorstellen?
Wenn im Frühjahr der Tagungsband erscheint, mögen sich die bei der Tagung Anwesenden im Nachgang dieser Fragen und Antwortversuche vergewissern, oder mögen weitere Leser mit dem Band Anregung zur Diskussion finden. Dazu gibt es Beiträge aus dem Nachwuchsforum, die einen Einblick in laufende Forschungsprojekte erlauben, die die thematische Bandbreite des Wissensgebiets exemplarisch aufzeigen.
Abschließend: Der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg sei ein herzlicher Dank gesagt, sie fungierte als Gastgeber der Tagung. Nach der Tagung ist vor der Tagung. Magdeburg hat Vorfreude geweckt auf die Jahrestagung 2019.